Perowskit-Solarzellen:
Wie nah ist der Durchbruch?


Dünnschicht-Solarzellen

Photovoltaik-Anlagen, umgangssprachlich Solarzellen genannt, können nicht nur aus Silizium, sondern auch aus anderen Materialien hergestellt werden. Bei den sogenannten Dünnschicht-Solarzellen wird vor allem solchen aus Perowskiten viel zugetraut. In nur knapp zwei Jahrzehnten ist es gelungen, den Wirkungsgrad von Perowskit-Solarzellen auf etwa dasselbe Maß wie bei den besten Silizium-basierten Zellen zu steigern. Im Vergleich weisen Perowskit-basierte Zellen eine Reihe attraktiver Vorteile auf (aber auch Nachteile) – doch der Reihe nach.

Was sind Perowskite?

Der Begriff „Perowskit“ (nach einem russischen Mineralogen benannt) steht ursprünglich für Calciumtitanoxid (Ca2TiO3), auch Calciumtitanat genannt. Später wurde er erweitert auf Materialien, die eine vergleichbare besondere Kristallstruktur (orthorhombisch bis kubisch) aufweisen. Perowskite sind daher Materialien der Struktur ABX3, wobei A, B und X für unterschiedliche Elemente und Verbindungen stehen können. Eine Solarzelle auf Perowskitbasis enthält neben der eigentlichen Pk-Schicht noch viele weitere Komponenten – der optimale Aufbau für beste Stabilität und größtmöglichen Wirkungsgrad wird von vielen Forschungsinstituten und Unternehmen weltweit erforscht.

Die Vorteile von Perowskit-Solarzellen

Pk-Zellen bieten eine Reihe von Vorteilen, die sie als Alternative zu Si-Zellen attraktiv machen. Von 2009 bis 2024 stieg der im Labor erreichte Wirkungsgrad von Pk-Zellen von 3,8 Prozent auf 26,1 Prozent – und damit fast so hoch wie der höchste von Si-Zellen jemals erreichte Wert (26,8 Prozent). Während jedoch Si-Zellen vor allem rotes und infrarotes Licht umwandeln, können Perowskite auch kurzwelligeres Licht nutzen. Der vielversprechendste Ansatz scheint es daher zu sein, Pk- und Si-Schichten zu kombinieren, um möglichst das volle Lichtspektrum für die Energiegewinnung zu nutzen – zu diesen sogenannten Tandem-Solarzellen später mehr.

Perowskite verbrauchen in der Herstellung deutlich weniger Energie als Silizium, das Temperaturen von über 1000°C erfordert – und aufgrund der dünnen Schichten wird viel weniger (Faktor 100!) Material verbraucht. Die Pk-Zellen lassen sich flexibler installieren mit zusätzlichen Optionen wie Farbgestaltung und Transparenz. Damit sind Pk-Zellen attraktiv für viele Flächen, die mit Si-Zellen nicht erreicht werden können, zum Beispiel Hauswände, wenig belastbare Dächer und vieles mehr.

Welche Herausforderungen gibt es?

Bisher wurden so gut wie alle Wirkungsgrad-Rekorde und konstruktiven Errungenschaften mit Perowskit-Zellen im Labor und auf kleinen Flächen erreicht – Skalierung und Industrialisierung stehen noch weitgehend aus. Das Hauptproblem in der Praxis besteht in der Haltbarkeit und Robustheit der Pk-Zellen: Sie sind empfindlicher gegenüber Feuchtigkeit und Umwelteinflüssen als Si-Zellen (Lebensdauer ca. 25-30 Jahre), so dass die Lebensdauer momentan auf Monate bis wenige Jahre geschätzt wird. Es wird aktuell intensiv daran geforscht die Lebensdauer zu erhöhen. 

Dabei gibt es mehrere Ansätze wie Einschränkung der Ionenbeweglichkeit, Reduzierung der chemischen Reaktionen (durch Verkapselung) und die Verwendung robusterer Grenzschichten. In einem Anfang des Jahres in Nature veröffentlichten Artikel beschreiben chinesische Forscher, wie es ihnen gelungen ist, mithilfe einer auf die Perowskit-Schicht beschränkten, kontrollierten Ionenbewegung stabile Pk-Zellen zu erschaffen, die auch in Langzeit-Belastungstests sehr gut abschneiden.

Was sind Tandem-Solarzellen?

Das größte Potential weisen momentan wohl Tandem-Solarzellen aus Silizium- und Perowskit-Schichten auf. Kombiniert man diese beiden Materialien, können größere Bereiche des Lichtspektrums genutzt werden und es sind sogar Wirkungsgrade jenseits der 33,2 Prozent möglich, der physikalischen Grenze für ein einzelnes Material. Der aktuelle Rekord liegt bei 33,9 Prozent – und damit deutlich über dem mit reinen Si-Zellen erreichbaren Wert. Prinzipiell sind auch Tandem- und Mehrfachzellen nur aus Perowskit-Schichten möglich (mit ähnlichen Wirkungsgraden); allerdings verschärft sich hierdurch das Stabilitätsproblem.

Welche aktuellen Entwicklungen gibt es?

Als erster kommerzieller Hersteller der Welt hat Oxford PV im September 2024 die ersten Perowskit-Silizium-Tandem-Module an einen Kunden in den USA ausgeliefert. Die in der Nähe von Berlin produzierten 72-Zellen-Module erreichen einen hohen Wirkungsgrad von 24,5 Prozent; über die zu erwartende Lebensdauer ist bisher nichts bekannt. Inwieweit dies den Beginn einer neuen Ära der Solarenergie-Erzeugung markiert, bleibt abzuwarten – fest steht jedoch, dass das Potenzial der Perowskit-Technologie enorm ist, was die Amortisationszeit angeht.

Was leistet INGUN für die Photovoltaik?

Sowohl die Wirkungsgrad-Optimierung von Solarzellen als auch die Herstellung insgesamt sind abhängig von geeigneter Prüftechnik, die eine Kontaktierung mit möglichst wenig Abschattung ermöglicht. Kontaktstifte von INGUN sind darauf spezialisiert, die Abschattung zu minimieren. Außerdem können mit der Vierleitertechnik Leitungseinflüsse kompensiert sowie Strom und Spannung am Prüfling gleichzeitig gemessen werden. INGUN entwickelt in Zusammenarbeit mit Kunden, Partnern und Forschungsinstituten laufend neue Lösungen, wie sie für die Marktreife innovativer Technologien unerlässlich sind – zum Beispiel Teststreifen zur Kontaktierung busbarloser Solarzellen.

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